Los geht`s… wir steigen intensiver in die „Grundpfeiler“ der systemischen Haltung ein. Allen voran sprechen wir in dieser Folge über das Thema „Neutralität“.
Jetzt wo wir uns gerade wieder etwas eindenken, merken wir, dass es uns total interessieren würde, inwiefern Ihr Euch in Eurer Rolle als BeraterInnen mit dem Thema Neutralität auseinandersetzt? Denn nicht nur in der gedanklichen Vorbereitung auf diese Podcast- Folge und im gemeinsamen Austausch darüber, ist uns einmal mehr wieder bewusst geworden, wie sehr die Haltung der Neutralität einen Einfluss auf unser Denken und Handeln im Umgang mit Anderen und insbesondere im Kontext der Arbeit mit KlientInnen haben kann.
Spannend ist für uns in diesem Zusammenhang immer wieder die „Vergleichbarkeit“ zwischen Neutralität und Allparteilichkeit. Beides wird häufig, auch in unseren systemischen Kontexten und im Austausch miteinander, als Synonym verwendet. Wir versuchen in unserem Gespräch eine Differenzierung herzustellen und dürfen feststellen, dass das gar nicht so einfach ist, wie gedacht.
Allparteilichkeit bedeutet für uns, dass wir uns in unserer Rolle und Haltung ein Stück weit mit den Menschen und wiederum mit deren Rolle identifizieren, um darin durchaus auch immer wieder die Position wechseln zu können. Es beinhaltet mehr oder weniger ein „Position-beziehen“. Während wir die Begrifflichkeit der Neutralität vielschichtiger, auf mehreren Ebenen, betrachten würden.
Runtergebrochen könnte man sagen, die Allparteilichkeit beschreibt eine „sowohl-als-auch-Haltung“, mit der ich mich sowohl mit der einen, als auch mit der anderen Position solidarisch zeigen kann.
Währenddessen würden wir im Rahmen der Neutralität „weder für das eine, noch für das andere“ Position beziehen.
Das Spannende und vielleicht dann auch das, was die systemische Haltung von anderen therapeutischen Ansätzen unterscheidet, ist, dass sich die Auseinandersetzung mit der Neutralität ja nicht nur auf den Umgang innerhalb von Beziehungen zueinander bezieht. So versuchen wir uns ja beispielsweise auch neutral gegenüber dem „Problem“ zu verhalten, indem wir uns in der Begleitung unserer KlientInnen auch immer mal gemeinsam die Frage stellen, „wozu könnte es gut sein, das Problem zu behalten?“
Welche Chancen stecken also darin, wenn es uns gelingt, in unserer Neutralität zu sein? Das was uns direkt dazu einfällt ist, dass uns dadurch das, was uns in unserer systemischen Haltung so am Herzen liegt, nämlich offen, neugierig und unvoreingenommen sein zu wollen, leichter fallen könnte. Wir bewegen uns durch das Wahren der Neutralität vielleicht ein Stückchen mehr im Bereich der Hypothesenbildung und weniger in den Annahmen, bzw. Interpretationen.
Nun arbeiten viele von uns ja durchaus auch in Kontexten, in denen es nicht gewollt oder möglich ist, „immer die Neutralität“ zu halten. Mal abgesehen davon, dass wir alle keine Maschinen sind und wir wahrscheinlich nicht davon ausgehen können, dass uns dies sowieso fortwährend zuverlässig gelingt. Aber wir versuchen ja stets mit bestem Wissen und Gewissen zu handeln und freundlich auf uns und unsere Entwicklungspotentiale schauen zu können. 😉
In welchen Bereichen kann es also herausfordernd sein, Neutralität anzubieten? Uns fällt sehr klassisch und sicherlich auch, weil wir beide aus diesem beruflichen Bereich kommen oder dort Berührungspunkte haben, der Jugendhilfekontext ein. Wenn wir in Kinderschutzverfahren unterwegs sind, sind wir möglicherweise in einer Rolle, in der wir uns parteilich verhalten müssen und wollen. Wenngleich es sicherlich in der Komplexität der Gesamtkontexte dann auch Möglichkeiten für uns gibt, uns neutral zu zeigen. An dieser Stelle habt Ihr ja vielleicht Lust, Euch reinzudenken, wie und wo das für Euch so gehen könnte.
Kurz gesagt… wir glauben daran, dass es unterschiedliche Ausprägungen von Spielräumen im Rahmen von Neutralität geben kann.
Es lohnt sich also, mal in diese Folge reinzuhören.
Zum Schluss noch eine kleine Impuls- Frage to go…
„Woran würdest Du merken, dass Du Dich im Kontext Deiner Begleitung als systemische Beraterin oder als systemischer Berater nicht in der Neutralität befindest?“
Bis zur nächsten Folge… Alles Liebe Tina und Ben