„Puh… bei dem Job, den Du da machst, muss man sich aber auch gut abgrenzen können… wie schaffst Du das, die Dinge nicht zu nah an Dich ran zu lassen und die belastenden Themen der Menschen nicht mit nach Hause zu nehmen?… “

Diese Aussage, die ich aus einem Gespräch mit jemandem aus meiner Urlaubszeit mitgebracht hatte, war für uns irgendwie nochmal der Aufhänger uns mit dem Thema „professionelle Distanz und professionelle Nähe“ zu beschäftigen. Und auch vorher haben Ben und ich immer wieder darüber gesprochen und gemeinsam reflektiert, weil wir aus unterschiedlichsten Kontexten im Austausch mit KollegInnen, den Eindruck erhalten haben, dass uns alle dieses Thema in unserer professionellen Arbeit mehr oder weniger zu beschäftigen scheint.

Spannend dabei finden wir, darüber zu sprechen, dass das Wahren von professioneller Distanz häufig in Zusammenhang gebracht zu werden scheint mit Professionalität und Kompetenz. In manchen von uns steckt die Hypothese, „wenn ich mich in einer professionellen Distanz befinde, kann ich auch professionell beraten/ begleiten und wenn ich nicht die nötige Distanz habe, dann bin ich vielleicht zu nah dran und wirke weniger kompetent oder fühle mich selbst unsicherer.“

Wir fragen uns in diesem Zusammenhang, wie das in unserem begleitenden Setting gut zusammen passen kann. Denn das, was wir meistens als hilfreich erleben ist ja, dass wir zwischen uns und den Menschen in unseren Beratungskontexten eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen möchten und somit auch eine gewisse Form der Nähe herstellen wollen. Ist es da nicht eher hinderlich, Distanz zu wahren und uns abzugrenzen? Genau in diesem Spannungsfeld bewegen wir uns manchmal in unseren Rollen als BeraterInnen, TherapeutInnen oder Coaches.

Manchmal fällt es uns schwer, in der beratenden Rolle mit den eigenen Gefühlen konfrontiert zu werden. Die Anteile in uns, die hohe Erwartungshaltungen an uns haben, möchten, dass wir souverän und hilfreich im Prozess begleiten. Aber bin ich denn noch souverän und kompetent, wenn mich Themen oder Schicksale von Menschen berühren? Darf das eigentlich sein, dass mir auch mal die Tränen kommen, bei dem was mir jemand von sich berichtet oder dass ich mich auch mal sprachlos fühle? Ben und ich sprechen darüber, dass wir versuchen in solchen Situationen mit uns selbst im Rahmen der Beratungssetting freundlich umzugehen. Wir fragen uns, was die eigene Reaktion mit uns selbst, aber auch mit der Dynamik des zu beratenden Themas und des Menschen zu tun haben könnte. Wir nutzen in unserer Arbeit (wenn es dem jeweiligen Kontext entsprechend angemessen wirkt) die Möglichkeit diese Empfindungen dann zur Verfügung zu stellen. Vielleicht kann so gemeinsam über Übertragungsphänomene als Hypothese gesprochen werden. Das wäre in solch einem Fall für unser Empfinden dann eher ein Herstellen von Nähe und nicht ein Abrücken in die Distanz.

Wir versuchen uns in diesem gemeinsamen Gespräch dem anzunähern, was vielleicht in diesem Wunsch nach professioneller Distanz drin stecken könnte. Was brauchen wir in unseren Rollen eigentlich um uns kompetent und hilfreich zu fühlen und woran merken wir, dass etwas hilfreich erscheint für die Menschen, die wir begleiten? Und welche Anteile in uns haben vielleicht Sorge davor, dass wir mit unseren eigenen biografischen Parallelen und Gefühlen, konfrontiert werden oder in Berührung kommen?

Vielleicht geht es ja gar nicht darum (professionelle) Distanz aufbauen zu „müssen“? Könnten wir es nicht von der anderen Seite betrachten und uns Gedanken darum machen, wie unsere Nähe- Gestaltung in unseren Beratungssettings professionell gelingen kann? Vielleicht wollen wir ja gar keine professionelle Distanz einnehmen, sondern haben den Wunsch, uns in unserer Neutralität in der Begleitung sicher zu fühlen?

Kennt Ihr das auch, dass Ihr immer mal wieder von Anderen danach gefragt werdet, wie Ihr Euch gut abgrenzen könnt? Oder fragt Ihr Euch das manchmal auch selbst? Wie erlebt Ihr Euch selbst dabei, wenn Euch Themen und Schicksale von Menschen berühren und beschäftigen? Wie geht Ihr damit um? Was antwortet Ihr Anderen, aber auch Euch selbst, wenn Ihr Euch damit auseinandersetzt? Wie erlebt Ihr vielleicht auch einen Unterschied zwischen Mit- Gefühl und Mit- Leid?

Für uns ist diese Folge mal wieder eine wunderbare Gelegenheit gewesen, uns zu diesen Themen selbst zu reflektieren. Es war schön festzustellen, dass wir Beide jeweils den Wunsch haben professionelle Nähe herzustellen und anzubieten. Die Reflexionen und die Selbsterkenntnisse dadurch, hallen in uns noch ein wenig nach.

Schön, wenn Ihr reinhört und lasst uns gerne teilhaben an dem, was Euch dazu beschäftigt. 💚

Alles Liebe für Euch, Tina und Ben